Fazit vorab:
Im Arzthaftungsprozess hat der Patient grundsätzlich darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass bei pflichtgemäßer Aufklärung der durch den Eingriff eingetretene Schaden vermieden worden wäre.
Was war passiert?
Der Kläger begehrte von den Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld sowie die Feststellung ihrer Verpflichtung zum Ersatz seines materiellen gegenwärtigen und zukünftigen Schadens wegen einer vorgeblich fehlerhaften ärztlichen Behandlung.
Der Kläger rutschte im Jahr 2010 auf dem Außengelände seines Betriebs bei Glatteis aus und stürzte auf seinem rechten Arm. Noch am selben Tag suchte er das Krankenhaus der Beklagten auf. Mittels Röntgenuntersuchung wurde eine Humerusschaft-Querfraktur (Knochenbruch im Bereich des Oberarms) rechts festgestellt. Daraufhin wurde der Kläger zur weiteren Behandlung stationär aufgenommen.
Eine Risikoaufklärung des Klägers hinsichtlich der vorstehenden Osteosynthese (die operative Verbindung von zwei oder mehr Knochen oder Knochenfragmenten mit dem Ziel, dass diese zusammenwachsen) erfolgte durch eine Ärztin der Beklagten.
Unter der Überschrift „Ist mit Komplikationen zu rechnen?“ enthielt ein Informationsblatt u. a. folgenden Hinweis:
„Trotz größter Sorgfalt können bei und nach der geplanten Operation vereinzelt Zwischenfälle auftreten, die u. U. weitere Behandlungsmaßnahmen erfordern und die in Ausnahmefällen auch im Verlauf lebensbedrohlich sein können. Zu nennen sind: […] Bildung eines Falschgelenks (Pseudathrose), wenn sich der Heilungsverlauf verzögert und nicht genügend neue Knochensubstanz gebildet wird. Dann müssen besondere Maßnahmen ergriffen werden, über die Sie ggf. gesondert aufgeklärt werden“.
Weil bei dem Kläger seit dem Jahre 2008 aufgrund eines Schlaganfalls mit einer erhaltenen Seitenparese eine Antikoagulanzien-Behandlung (Antikoagulanzien sind Medikamente zur therapeutischen Blutverdünnung, die Thrombenbildungen und daraus resultierende Embolien verhindern sollen) mit Marcumar vorgenommen worden war, konnte der Bruch nicht am Tag der stationären Aufnahme, sondern erst nach Normalisierung der Blutgerinnung zu einem späteren Zeitpunkt operativ versorgt werden.
Nachdem die Operation und eine anschließende krankengymnastische Übungsbehandlungen eingeleitet wurden, konnte die Behandlung nach zahlreichen Kontrolluntersuchungen abgeschlossen und der Kläger entlassen werden.
Erst im Februar 2011 wurde im Rahmen einer Röntgenkontrolluntersuchung bei einer der Beklagten festgestellt, dass noch keine Heilung des Bruches stattgefunden hatte.
Da eine Besserung nicht abzusehen war, wurde im Juli 2011 ein Revisionseingriff vorgenommen. Dieser war nach einer im Februar 2012 vorgenommenen Computertomographieuntersuchung erfolgreich, da der Heilungsprozess eingetreten war.
Der Kläger übt seine berufliche Tätigkeit seit dem Unfall aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr aus. Er leidet unter Sensibilisierungsstörungen und Taubheit des körperfernen Unterarmes und des Handrückens. Die Beweglichkeit des rechten Schultergelenks ist eingeschränkt. Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe hat mit Bescheid vom 27. November 2013 eine Minderung seiner Erwerbstätigkeit (MdE) von 30% festgestellt und dem Kläger ab dem 06. Juli 2012 eine Rente auf unbestimmte Zeit entsprechend der MdE bewilligt.
Der Kläger erhob die Klage mit der Behauptung, dass die Beklagten nicht nur eine eine wenig erfolgsversprechende Methode angewendet habe, sondern auch nicht ausreichend über die Risiken aufgeklärt habe.
Das Landgericht hat die Klage nach durchgeführter Beweisaufnahme abgewiesen.
Begründung:
Mit der Berufung verfolgte der Kläger seine erstinstanzlichen Klageziele weiter. Der 8. Senat des Oberlandesgerichts hat die zulässige Berufung als unbegründet zurückgewiesen.
Das begehrte Schmerzensgeld stehe dem Kläger deshalb nicht zu, weil er zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen habe, dass den Beklagten ein Behandlungsfehler unterlaufen sei.
Entgegen den Ausführungen des Klägers habe ein Sachverständiger festgestellt, dass die Art der Versorgung des Bruches keine Auswirkungen auf die mögliche Bildung eines Falschgelenks (Pseuarthrose) gehabt habe.
Auch sei nach dem Sachverständigengutachten die bei dem Kläger – unter Berücksichtigung seiner medikamentösen Behandlung mit Blutverdünnungsmitteln – durchgeführte Methode nicht fehlerhaft, sondern vielmehr angebracht gewesen.
Darüber hinaus stehe dem Kläger auch kein Anspruch zu, weil er durch die Beklagten unzureichend aufgeklärt worden sei.
Ein Heileingriff sei durch die Einwilligung des Patienten erst dann gerechtfertigt, wenn eine ausreichende Aufklärung vorläge, so dass in einem Arzthaftungsprozess grundsätzlich der Arzt darlegungs- und beweispflichtig sei, dass er den Patienten in genügendem Maße über die Risiken des Eingriffs informiert habe.
Dass hier eine unzureichende Aufklärung erfolgt sei, vermochte der Senat nicht zu erkennen. Vielmehr sei es grundsätzlich nicht erforderlich, dem Patienten genaue oder annähernd genaue Prozentzahlen über die Möglichkeit der Verwirklichung eines Behandlungsrisikos mitzuteilen.
Dies wäre jedoch dann anders zu beurteilen, wenn der aufklärende Arzt bei dem Patienten durch die unzutreffende Darstellung der Risikoerhöhung einen falschen Eindruck über das Ausmaß der mit der Behandlung verbundenen Gefahr erwecke und dadurch ein verhältnismäßig häufig auftretendes Operationsrisiko verharmlose. In diesem Fall käme er seiner Aufklärungspflicht nicht in ausreichendem Maße nach.
Selbst wenn man von einer nicht ordnungsgemäßen Aufklärung ausginge, fehle es zumindest an der Kausalität einer (unterstellten) nicht ordnungsgemäßen Aufklärung für den von dem Kläger geklagten Gesundheitsschaden.
Der Beweis sei dem Kläger auch nicht gelungen, da der Sachverständige deutlich gemacht habe, dass bei jeder Behandlungsmethode aufgrund der Risikofaktoren, die der Kläger mitgebracht habe, „ein vergleichbar hohes Risiko“ bestanden habe, dass sich „durch eine gestörte Knochenbruchheilung eine Atrophie Pseudarthrose bildet“.
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