Jäger und Jagdgenossenschaften müssen gegen Wildschaden unternehmen, was mit Rücksicht auf das allgemeine Wohl, insbesondere auf die Interessen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege notwendig ist. Davon abgeleitet trifft die Jagdgenossenschaften und Jagdpächter nach dem Bundesjagdgesetz in §29 BJagdG die Schadensersatzpflicht für eingetretene Wildschäden in ihren Jagdbezirken.
Wie die Erfassung des Wildschadens und letztlich deren Geltendmachung gegenüber dem Jäger abläuft, ist landesrechtlich geregelt. Da unserer Kanzlei seit über 100 Jahren ihren Sitz in Berlin hat, befasst sich der Beitrag daher mit dem Jagdrecht der Länder Berlin und Brandenburg.
I. Allgemeines
Den landesgesetzlichen Regelungen übergeordnet ist das Bundesjagdgesetz. Es bestimmt im §29 BJagdG die Schadensersatzpflicht für den Pächter bzw. die Jagdgenossenschaft bei Wildschäden und verdeutlicht im § 34 die für den Schadensersatz im Jagdrecht prägende Eile, um keine willkürliche Haftungspflicht entstehen zu lassen. So bestimmt § 34 Bundesjagdgesetz, dass Wildschäden innerhalb von einer Woche bei der zuständigen Jagdbehörde angezeigt werden müssen. Geschieht dies nicht, erlischt der Anspruch. Eine Geltendmachung gegenüber dem Jäger oder der Genossenschaft – in egal welcher Hinsicht – ist nach dem Jagdgesetz dann nicht mehr möglich!
Die kurze Frist zur Meldung und anschließenden Geltendmachung des Schadens dient der eindeutigen Identifikation des Schadens als Wildschaden. Vergeht zu viel Zeit, kann in der Regel nicht mehr festgestellt werden, ob der Schaden nicht von der Witterung, Gebrauch, menschlichem Einwirken oder Materialermattung herrührt.
II. Wildschaden im Land Berlin
Abweichend vom Bundesjagdgesetz trifft das Landesrecht Berlin, wohl aufgrund der nur sehr wenigen Jagdbezirke, sehr wenige eigene Regelungen, wenn es um Wildschäden geht. Das LJagdGBln beschränkt sich im § 39 auf die Wiederholung der Pflicht, Wildschäden bei der unteren Jagdbehörde anzuzeigen. Aufgrund fehlender weiterer Regelungen tritt in der Folge wieder das Bundesrecht ein. Der Schaden ist also innerhalb von einer Woche anzuzeigen.
III. Schadensersatz für Wildschaden im Land Brandenburg
Demgegenüber ist das Jagdrecht im Land Brandenburg sehr viel umfangreicher geregelt und lässt vor allem die Jagdbehörde intensiver auftreten. Auch im BbgJagdG muss ein Wildschaden nach § 46 bei der Jagdbehörde innerhalb von einer Woche angezeigt werden. Ansonsten erlischt der Anspruch auf Schadensersatz. Bevor der Geschädigte seine Schadensersatzforderung mittels einer Klage gegenüber der Genossenschaft oder dem Pächter geltend machen kann, muss allerdings zwingend ein Vorverfahren durchgeführt werden.
1. Vorverfahren
Das Vorverfahren dient der zeitnahen Feststellung eines Wildschadens und Ermittlung einer Schadenshöhe. Ein von der Jagdbehörde beauftragter Sachverständigengutachter für Wildschäden, im Gesetz als Wildschadensschätzer bezeichnet, vereinbart mit den Parteien einen Begehungstermin, an dem der Wildschaden ermittelt und beziffert wird. Bei diesem Termin sind die Parteien gehalten, sich gütlich über den Schaden zu einigen. Kommt eine Einigung zu Stande, wird hiervon eine Niederschrift angefertigt, die die Art, Höhe und den Zeitpunkt der Erstattung des Schadens festsetzt und von den Beteiligten zu unterschreiben ist. Diese Einigung regelt die Schadensersatzpflicht über den konkreten Einzelfall und bietet Grundlage für ein beim Amtsgericht zu betreibendes Vollstreckungsverfahren. Durch die gütliche Einigung unter behördlicher Beteiligung entsteht also eine Verpflichtung zur Zahlung.
2. Vorverfahren ohne Einigung
Kommen die Parteien allerdings bezüglich des Wildschadens nicht gütlich überein, stellt der Wildschadensschätzer lediglich die Höhe des Schadens, die Schadensursache und die Parteien fest, ohne dass dabei die Grundlage für ein Vollstreckungsverfahren geschaffen wird. Nach einem nochmaligen gescheiterten Versuch einer gütlichen Einigung, erlässt die Jagdbehörde den sogenannten Vorbescheid, der die Feststellungen des Wildschadensschätzers enthält.
Auch bei dem Vorbescheid handelt es sich nicht um einen behördlichen Bescheid im üblichen Sinne; es liegt kein vollstreckbarer Verwaltungsakt vor. Dieser Bescheid stellt lediglich fest, wer der Jäger, der Bewirtschafter und was und wie hoch der Schaden ist. Aus ihm ergibt sich keine durchsetzbare Verpflichtung den Schaden auch zu bezahlen.
Ab Zustellung des Bescheides stellt das Brandenburger Jagdrecht dem Geschädigten eine Frist von zwei Wochen eine Klage vor den ordentlichen Gerichten – den Zivilgerichten – gegen den Pächter bzw. die Jagdgenossenschaft zu erheben. Nach Ablauf der Frist ist die Klage unzulässig und damit der Anspruch verloren gegangen.
3. Gerichtsverfahren – Geltendmachung von Schadensersatz
Der Vorbescheid der Jagdbehörde hat den Schaden festgestellt. Keinesfalls sollte man sich jedoch von dem im Gesetz verwendeten Vokabular in die Irre leiten lassen.
Da der Vorbescheid im Land Brandenburg kein Verwaltungsakt ist und auch kein Produkt eines Verwaltungsverfahrens, das eigenständig vollsteckt werden könnte, sind die Parteien nicht an ihren Inhalt gebunden. Ebenso wenig – folglich – das Gericht.
Nach den üblichen Regeln der Beweislast sind auch in einem Prozess auf Wildschadensersatz nach § 29 BJagdG die den Anspruch begründenden Tatsachen beizubringen. Der Vorbescheid mit den Feststellungen des Wildschadensschützers fungiert dabei lediglich wie ein privates Gutachten und bindet das Gericht nicht. Er liefert gleichwohl eine qualifizierte Tatsachengrundlage.
Der Revierinhaber bzw. die Jagdgenossenschaft kann daher den Beweis immer noch durch ein gerichtlich bestelltes Sachverständigengutachten oder sonstige Beweise erschüttern. Besonders effektiv ist die Geltendmachung von Fehlern im Vorverfahren und bei der Feststellung des Wildschadens durch den Wildschadensschätzer.
III. Schadensersatz – Eile ist geboten!
Eile ist das Gebot der Stunde – für den Pächter oder die Jagdgenossenschaft gilt es in erster Linie Ruhe zu bewahren.
In beiden Fällen steht Ihnen unsere Kanzlei sowohl mit der Erfahrung im Jagdrecht, als auch der praktischen Erfahrungen mehrerer Jäger zur Seite.
2 Kommentare
Prof. Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel
17.11.2022 - 14:39 Uhr
Leider wird im Artikel nicht zwischen Wildschäden im Wald und Wildschäden an landwirtschaftlichen Kulturen unterschieden!
Rechtsanwalt Stephan Kersten
17.11.2022 - 15:10 Uhr
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Pfannenstiel,
herzlichen Dank für Ihre Anmerkung und die damit einhergehende Anregung. Wir werden uns bemühen den Beitrag zeitnah zu ergänzen.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Kersten
P.s.: Wir freuen uns auch weiterhin über konstruktive Anmerkungen!